Herausforderungen und Chancen
VMware verfügt über ein deutlich breiteres Portfolio und einen größeren Kundenstamm als Symantec und CA. Vor allem aber hat VMware langjährige Beziehungen zu vielen Kunden und Partnern aufgebaut. Broadcom mag seine Top-2000-Kunden bevorzugen, aber Partnerschaften müssen von den Partnern gepflegt werden. Im Rechenzentrum ist VMware der Platzhirsch, aber es gibt Alternativen. Die Cloud-Pläne der Kunden könnten durch die Nachrichten einen Schub erhalten. VMware hofft sicherlich, dass Kunden ihre Multi-Cloud-Reise mit VMware Cloud on AWS, Azure VMware Solutions etc. beginnen, um dann bei Bedarf zu den nativen Services der Hypervisoren zu wechseln.
Der Kaufpreis von 69 Milliarden ist keine Summe, die man einfach abschreiben kann. Deshalb erwarten wir von Broadcom ein gewisses Fingerspitzengefühl. Die nächsten Schritte werden sicher überlegt und strategisch angegangen.
Struktur und Ausrichtung des Portfolios
VMware hat in den letzten Jahren durch Akquisitionen ein breites Portfolio aufgebaut. Dieses Modell, bei dem spezialisierte Distributoren um die Gunst der VMware Core Account Manager buhlen, hat jedoch zu einer gewissen Unübersichtlichkeit geführt. Eine Neuordnung und Straffung des Portfolios wäre eine gute Nachricht für Partner und Kunden. Symantec und Carbon Black beispielsweise haben sich überschneidende Technologien, hier wäre eine klare Fokussierung auf die Kernprodukte wünschenswert. Broadcom hat bereits angekündigt, weitere Milliarden in die Entwicklung zu investieren.
Verwirrung bei der Lizenzierung und beim Kunden
Die Artikelliste von VMware ist mittlerweile so lang, dass sie als Einschlafhilfe dienen könnte. Die Vielzahl an Bundles, Supportmetriken und historisch gewachsenen Kundenbeziehungen führt zu einer gewissen Verwirrung. Broadcom hat bereits Interesse an einer Fokussierung auf Subscriptions statt Kauflizenzen bekundet. Kunden sollten sich daher zeitnah mit dem Thema auseinandersetzen. Derzeit existieren beide Varianten noch gleichberechtigt nebeneinander, es ist aber zu erwarten, dass Broadcom hier zeitnah ein Enddatum für den Kauf von Lizenzen setzen wird.
Technologische Entwicklungen
In seinen beiden Keynotes auf den VMware Explore Veranstaltungen in Las Vegas im August und in Barcelona im November betonte Hoc Tan mehrfach, dass große Investitionen in die Produktentwicklung (F&E) getätigt werden. Im Bereich der Virtualisierung, aus dem VMware hervorgegangen ist, wird es Weiterentwicklungen in Bezug auf Performance, Vereinfachung der Komplexität und Nutzung von Synergien geben.
Einer der größten Entwicklungsbereiche wird die künstliche Intelligenz sein. Hier ist VMware bereits eine Partnerschaft mit NVIDIA in der Private AI Foundation eingegangen, der nun auch Intel beigetreten ist. Hier kann also auf starke Partner aus der Chipindustrie gesetzt werden. Der Ansatz, KI-Workloads im eigenen Rechenzentrum zu betreiben, statt sie von Hypervisoren zu beziehen, ist vor allem für Unternehmen interessant, die mit sensiblen Daten arbeiten - oder für Unternehmen, die Rechenleistung im eigenen Rechenzentrum nutzen können. KI ist ein großes Thema, das Unternehmen verstehen und erlernen müssen, um daraus einen Mehrwert zu generieren. Das ist nicht mit ein paar Klicks getan, und genau dabei will die Private AI Foundation helfen.
Auch der Bereich Tanzu - also die Kubernetes-Lösung von VMware - wird in den nächsten Jahren einen Entwicklungsschub erfahren. Die Kundenanfragen zum Thema Containerisierung von Applikationen nehmen stark zu und hier bringt VMware natürlich bereits einen großen Rucksack an Lösungen mit, die im Bereich der virtuellen Maschinen schon gute Dienste geleistet haben und nun auf Container adaptiert werden können.
Man darf gespannt sein, wie VMware die Multi-Cloud-Story weiter vorantreiben wird. Sicher ist, dass die Lösungen auf AWS, Azure und Co. bereits ihre Daseinsberechtigung gefunden haben und eine ideale Ergänzung zur klassischen Virtualisierung im eigenen Rechenzentrum darstellen. Fakt ist: Die VMware Cloud (VMC) ist die einfachste Lösung, um Workloads von einer Cloud in eine andere zu verschieben - egal um welche Art von Cloud es sich handelt: Public Cloud, Private Cloud, Sovereign Cloud oder einfach eine gehostete Cloud in einer Colocation.
Standardisierung des Angebots
Broadcom-Chef Hock Tan hat sich bereits einen Ruf für Vereinfachung und Fokussierung des Portfolios erworben. Wir haben das bei CA und Symantec gesehen. Die neuen VMware Business Units (nur noch 4!!!) geben bereits einen Vorgeschmack, worauf man sich konzentrieren wird: VMware Cloud Foundation, Tanzu/Cloud Native, Software-Defined Edge und Application Networking and Security. Bisherige Portfoliobausteine wie EndUser Computing und Carbon Black tauchen hier gar nicht mehr auf und werden wohl ausgelagert.
Wir erwarten eine deutlich geringere Anzahl von Produkten bzw. Produkt-Bundles. Im Rechenzentrum erwarten wir z.B. eine vSphere-Variante, für Enterprise-Kunden wird wohl VMware Cloud Foundation der Standard bzw. die höchste Ausbaustufe sein. Zwischen diesen beiden Extremen wird es weniger Produkte geben, die ausschließlich als Subscription-Variante angeboten werden. Ähnliches wird sich auch in den anderen 3 Business Units abspielen.